Objekt des Monats
Raimund Mureda (1908–1985) erlebt einen großen Teil des 20. Jh.s und damit auch – durchaus nicht nur kul- turell – schwierige Zeiten. Er selbst ist künstlerisch stets auf der Suche, lässt sich vom Feuereifer der Künstler seiner Zeit anstecken und experimentiert viel. So ist er Zeichner, Bildhauer, Lehrer und Schuldirektor und verbringt sein Leben zwischen Gröden, Monza, Florenz und München.
1908 in St. Ulrich geboren, besucht Mureda von 1922 bis 1928 als Lehrling die Kunstschule in seinem Heimatort, wo er auf seinen ersten Lehrmeister, Guido Balsamo Stella, damals Direktor der Schule, trifft. Dieser rät ihm, an die Kunsthochschule von Monza zu wechseln. Ende der 1920er-Jahre und Anfang der 1930er-Jahre wird er dort von Arturo Martini unterrichtet, beteiligt sich an Wettbewerben in verschiedensten Städten Italiens und fährt Preise ein. Sein Studium schließt er in Florenz ab – mit dem Diplom eines Kunstlehrers in der Hand. Seine erste Stelle als Lehrer nimmt er in Brixen an, danach unter- richtet er in Castelmassa (Venetien) und schließlich ist er fast 40 Jahre lang als Lehrer und Direktor an der Kunstschule in seinem Heimatort tätig – Funktionen, in denen er wichtige Weichen für die Entwicklung der Kunst in Gröden stellt.
Diese Skulptur entsteht Ende der 1930er-Jahre in Castelmassa, wo Raimund Mureda Bildhauerei unterrichtet. Sein thematischer Fokus gilt der Darstellung des Alltagslebens und der Lebensfreude einfacher Menschen. Dieser spiegelt sich auch im Mädchen aus Castelmassa wider, deren aufmerksamer Blick etwas zu gelten scheint, was ihre ganze Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Als fähiger Porträtkünstler gelingt es Mureda, das Innere des Mädchens nach außen zu kehren: Mit einem leicht geneigten Kopf erfasst er die Spontaneität des Augenblicks, die offenen, entspannten Züge verleihen dem Mädchen einen Ausdruck, der zwischen Verlangen und Melancholie schwankt. Die sitzende Figur erscheint kompakt, die polierte Terrakotta reflektiert das Licht und auch nach dem Brennen erhält sich eine diffuse Leuchtkraft, die von leichten Schatteneffekten unterbrochen wird. Das Ergebnis ist eine Skulptur, die nicht nur einen lebhaften, wohlgeformten Eindruck vermittelt, sondern auch imstande ist, virtuose Natürlichkeit mit einer dynamischen Ausführung zu kombinieren. Mureda zeigt mit diesem Werk, dass die Kunst imstande ist, in aller Wahrhaftigkeit einen beliebigen Lebensmoment festzuhalten – unabhängig von dessen Bedeutung und unbeeinflusst vom Auftraggeber.
Die Plastik wurde vom Künstler dem Museum Gherdëina als Schenkung überlassen, zu dessen Gründung er beigetragen hatte.
(Text: Danila Serafini)
Mädchen aus Castelmassa
von Raimund Mureda, 1937/38, im Schaufenster der Cësa di Ladins / Verbindung La CurtaRaimund Mureda (1908–1985) erlebt einen großen Teil des 20. Jh.s und damit auch – durchaus nicht nur kul- turell – schwierige Zeiten. Er selbst ist künstlerisch stets auf der Suche, lässt sich vom Feuereifer der Künstler seiner Zeit anstecken und experimentiert viel. So ist er Zeichner, Bildhauer, Lehrer und Schuldirektor und verbringt sein Leben zwischen Gröden, Monza, Florenz und München.
1908 in St. Ulrich geboren, besucht Mureda von 1922 bis 1928 als Lehrling die Kunstschule in seinem Heimatort, wo er auf seinen ersten Lehrmeister, Guido Balsamo Stella, damals Direktor der Schule, trifft. Dieser rät ihm, an die Kunsthochschule von Monza zu wechseln. Ende der 1920er-Jahre und Anfang der 1930er-Jahre wird er dort von Arturo Martini unterrichtet, beteiligt sich an Wettbewerben in verschiedensten Städten Italiens und fährt Preise ein. Sein Studium schließt er in Florenz ab – mit dem Diplom eines Kunstlehrers in der Hand. Seine erste Stelle als Lehrer nimmt er in Brixen an, danach unter- richtet er in Castelmassa (Venetien) und schließlich ist er fast 40 Jahre lang als Lehrer und Direktor an der Kunstschule in seinem Heimatort tätig – Funktionen, in denen er wichtige Weichen für die Entwicklung der Kunst in Gröden stellt.
Diese Skulptur entsteht Ende der 1930er-Jahre in Castelmassa, wo Raimund Mureda Bildhauerei unterrichtet. Sein thematischer Fokus gilt der Darstellung des Alltagslebens und der Lebensfreude einfacher Menschen. Dieser spiegelt sich auch im Mädchen aus Castelmassa wider, deren aufmerksamer Blick etwas zu gelten scheint, was ihre ganze Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Als fähiger Porträtkünstler gelingt es Mureda, das Innere des Mädchens nach außen zu kehren: Mit einem leicht geneigten Kopf erfasst er die Spontaneität des Augenblicks, die offenen, entspannten Züge verleihen dem Mädchen einen Ausdruck, der zwischen Verlangen und Melancholie schwankt. Die sitzende Figur erscheint kompakt, die polierte Terrakotta reflektiert das Licht und auch nach dem Brennen erhält sich eine diffuse Leuchtkraft, die von leichten Schatteneffekten unterbrochen wird. Das Ergebnis ist eine Skulptur, die nicht nur einen lebhaften, wohlgeformten Eindruck vermittelt, sondern auch imstande ist, virtuose Natürlichkeit mit einer dynamischen Ausführung zu kombinieren. Mureda zeigt mit diesem Werk, dass die Kunst imstande ist, in aller Wahrhaftigkeit einen beliebigen Lebensmoment festzuhalten – unabhängig von dessen Bedeutung und unbeeinflusst vom Auftraggeber.
Die Plastik wurde vom Künstler dem Museum Gherdëina als Schenkung überlassen, zu dessen Gründung er beigetragen hatte.
(Text: Danila Serafini)
Mädchen aus Castelmassa von Raimund Mureda, 1937/38 (© Foto: Museum Gherdëina)